Jugendcrew des Yachtclub Wismars bei der ORC-Weltmeisterschaft
Wir, die Crew des Wismarer Jugendschiffs „PROtest“, sind fast alle jahrelang Laser/ILCA gesegelt und mit unseren Booten in ganz Europa unterwegs gewesen. Mit der „PROtest“ hatten wir die Chance, unser Renngeschick auf einem Dickschiff unter Beweis zu stellen. So segelten wir das Schiff in den letzten Jahren auf vielen kleineren und größeren Regatten. Nur das internationale Regatta-Segeln, was uns früher so viel Spaß gemacht und Nerven gekostet hatte, vermissten wir. Doch in diesem Jahr bot sich mit den ORC-Weltmeisterschaften in Kiel die aufregende Möglichkeit, sich einem solch internationalen, großen Feld als Team zu stellen! Im Winter trafen wir die Entscheidung, die „PROtest“ WM-reif zu machen und die Herausforderung anzunehmen.
Dieses Vorhaben forderte enorm viele Planungs- und Arbeitsstunden von uns. Unsere Basis, die „PROtest“, benötigte nicht nur den üblichen Refit für die Saison – nein, sie musste auch aus- und umgebaut werden, um den Normen der ORC-WM zu entsprechen. Neue Ausrüstung musste eingebaut, der Mast erneuert und der Seezaun erhöht werden. Alles musste einwandfrei funktionieren und den Kriterien entsprechen. Doch nach mehreren Monaten Arbeit war es soweit – hochmotiviert ließen wir die „PROtest“ in neuem Glanz erstrahlen. Das Schiff war bereit! Um noch ein paar Wasserstunden zu sammeln, gingen wir nach ein paar Trainingseinheiten bei der internationalen deutschen Meisterschaft in Travemünde an den Start.
Plötzlich geschah das Unerwartete: im Rennen brach uns der Mast! Ausgerechnet der neue Mast – von allen Unglücken, die uns hätten passieren können! Das war das Aus für die „PROtest“. Das Projekt, die ganzen Arbeitsstunden, alles war umsonst. Wir waren am Boden zerstört. Traurig und frustriert wollten wir Travemünde verlassen, als uns Christoph Weßler über den Weg lief und uns ein unvorstellbares Angebot machte.
Christoph, unser Retter in der Not, bot uns an, dass wir sein Boot, die Farr30 „Charly Whisky“ für die WM nutzen könnten. Uns war klar, dass wir unser Projekt nicht aufgeben wollten, und so nahmen wir nach kurzer Überlegung das Angebot an. Was nun folgte, war eine Woche voller Bootsarbeit und Inanspruchnahme sämtlicher Hilfe, die wir bekommen konnten, um das Schiff für die WM fertig zu bekommen. Denn für all die Dinge, die wir bei der „PROtest“ innerhalb von Monaten erledigt hatten, hatten wir nun nur wenige Tage.
Glücklicherweise klappte alles und wir konnten zwei Tage vor Beginn der WM das erste Mal mit voller Crew und dem neuen Boot trainieren. Zunächst lief alles noch etwas holprig, aber wir spielten uns langsam ein und waren begeistert von der Farr30. Die Leichtigkeit und Spritzigkeit des Bootes kam uns sehr entgegen. Nachdem dann auch das Practice Race, welches am Vortag der WM stattfand, sehr gut verlief, fühlten wir uns bereit!
Doch die WM brachte gleich erst einmal unerwartete Herausforderungen mit sich. In den ersten drei Tagen herrschten stürmische Bedingungen mit teils über 40 kn Wind. Da wir das Boot erst zwei Tage kannten und im Gegensatz zu den meisten Schiffen kein Reff im Großsegel hatten, konnten wir, auch aus Sicherheitsgründen, nur eins der ersten 5 Rennen ins Ziel bringen. Dennoch – wir waren dabei, im großen internationalen Feld! Und das Rennen, was wir im Mittelfeld beenden konnten, hat uns umso mehr Spaß gebracht.
Am vierten Wettfahrttag ließen die Starkwinde endlich etwas nach. Trotz einiger Fehler bei den Up and Down Rennen konnten wir immer wieder zeigen, was wir können und uns von Rennen zu Rennen extrem weiterentwickeln. Dann kam die Langstrecke – eine völlig neue Erfahrung und mit Sicherheit ein Highlight für uns alle.
Der letzte Tag der WM sollte dann der schönste Segeltag für uns werden. Bei leichten Winden um die 5 kn klappte bei uns auf einmal nahezu alles und wir konnten endlich so richtig zeigen, wie gut wir segeln können – in beiden Rennen waren wir erster an der Luvtonne, lieferten uns tolle taktische Manöver mit den erfahreneren Farr30 Crews und fuhren das abschließende Rennen berechnet als vierte ins Ziel.
Die Teilnahme an dieser Weltmeisterschaft war eine intensive Reise voller Herausforderungen und Lernmomenten. Trotz anfänglicher Enttäuschungen und eines herben Rückschlags haben wir sowohl als Team, als auch individuell enorme Fortschritte erzielt. Wir alle sind an diesem Erlebnis gewachsen, hatten sehr viel Spaß und waren mit Sicherheit die Crew mit der steilsten Lernkurve.
Das alles wäre natürlich nicht möglich gewesen ohne die unzähligen Personen, die uns so wahnsinnig unterstützt haben – sei es finanziell, mit Bootsarbeiten oder mit Ratschlägen – danke, dass ihr dieses Projekt möglich gemacht habt!